Spalterin Europas

by Alexander Will

Es wird einsam um die Kanzlerin. In ihrer Partei tobt ein Krieg um die Asylpolitik. Die Schwesterpartei CSU stellt sich gegen sie. Ein Mehrheit der Deutschen lehnt ihren Kurs ab. Den dunkelsten Schatten auf  Merkels politische Zukunft wirft jedoch die Erfolglosigkeit ihrer Lösungsversuche.

Die Kanzlerin droht, an Europa zu scheitern.

Merkels Idee besteht darin, die Einwanderungsströme in ganz Europa zu verteilen, um so den Druck von Deutschland zu nehmen. Doch das klappt nicht einmal im Ansatz. Von 160 000 Menschen, die nach einem EU-Beschluss in Europa verteilt werden sollten, sind am 19. Januar gerade einmal 322 umgesiedelt.  Die EU streitet, wer die drei Milliarden Euro für die Türkei berappen soll, damit die ihre Grenzen besser kontrolliert. Die Kooperation mit der islamistischen Regierung in Ankara, die seit Wochen ihre eigenen Bürger im Osten des Landes abschlachtet, legt zudem den den Gedanken an moralischen Bankrott der deutschen wie der EU-Politik nahe.

Am schlimmsten ist für Merkel jedoch, dass sich eine europäische Fronde gegen sie bildet. Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei  denken nicht daran, sich für die deutsche Einladungspolitik in Haftung nehmen zu lassen. Die Briten sekundieren. Im Baltikum ist die Abneigung gegen verpflichtende Flüchtlingsquoten enorm. Frankreich hat im vergangenen Jahr nur wenige Tausende Einwanerer aufgenommen und hält sich vornehm zurück. Italien und Spanien warten ab. Die Schweden, einst eine selbst erklärte „moralische Großmacht“, haben die Grenzen geschlossen, um sich zu schützen. Österreich, mit dessen Kanzler Merkel noch im Sommer die Grenzöffnung für alle und jeden koordinierte, hat inzwischen die Nase voll. Außenminister Sebastian Kurz in Brüssel: „Weder die Einladungs- noch die Willkommenspolitik ist die richtige Antwort auf die Flüchtlingskrise.“ Jetzt hat Wien Obergrenzen beschlossen.

Fazit: Ein bedeutender  Teil Europas sieht in unkontrollierter Einwanderung eben keine Bereicherung – und der Widerstand versteift sich, da helfen auch keine Drohungen aus Berlin und Brüssel mehr. Europa hat den deutschen Birkenstock-Imperialismus, den der „Spectator“ jüngst so treffend mit „Hippie-Politik“ charakterisiert hatte, gründlich satt. Die Achse Merkel-Schulz-Juncker scheint die Kontrolle verloren zu haben. Endzeitstimmung macht sich  breit.

Angela  Merkel hat nun beste Chancen, als Spalterin Europas in den Geschichtsbüchern zu erscheinen.