Lüge bleibt Lüge
by Alexander Will
Mein Kommentar zur Wahrnehmung des neuen US-Präsidenten in Deutschland aus der Nordwest-Zeitung hat für außergewöhnliche Reaktionen gesorgt. Einiges dazu habe ich bereits unten gesagt. In der heutigen Ausgabe der NWZ hat sich nun die Politikwissenschaftlerin Imke Harbers an meinem Kommentar abgearbeitet. Da es sich dabei – im Gegensatz zu den unten erwähnten restlichen Reaktionen – um eine sachliche Kritik handelt, soll es an dieser Stelle zum besten der Debatte doch noch einmal eine Gegenrede geben. Ich beziehe mich hier auf den in der Druck-NWZ erschienen Text.
Meine Kritikerin geht zunächst auf die Entstehung der Debatte über Einreisesperren in den USA ein und schreibt:
Wichtig ist aber, dass der Begriff einer Einreisesperre für Muslime von Trump selber stammt, nicht von seinen Kritikern oder etwa den Medien.
Richtig an diesem Satz ist, dass Trump im Wahlkampf in der Tat eine Einreisesperre „für Muslime“ versprochen hat, aber einmal gewählt, selbst erkannte, dass diese nicht umsetzbar war. Es folgte im Januar die Sperre für Staatsangehörige von sieben, mehrheitlich islamischen Ländern. Genau das wurde ab dem Zeitpunkt des verkündeten Einreisestopps so auch immer vom Weißen Haus kommuniziert – es handele sich um eine Sperre für Bürger bestimmter Länder, nicht für Muslime. Am 30. Januar hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses beispielsweise:
The seven countries named in the Executive Order are the same countries previously identified by the Obama administration as sources of terror. To be clear, this is not a Muslim ban, as the media is falsely reporting.
Es waren die Protestler und bestimmte Medien, die den Bann weiterhin als „Muslim Ban“ bezeichneten, obwohl es keiner war. Es ist schlicht unredlich, Äußerungen Trumps, die in einer völlig anderen Situation, nämlich im Wahlkampf, geäußert wurden, eins zu eins auf die wirklich erlassene Executive Order zu übertragen. Also: Trump hat im Wahlkampf tatsächlich von einer Einreisesperre für Muslime gesprochen. Als Präsident aber erließ er eine Einreisesperre für Staatsangehörige von sieben muslimisch geprägten Ländern. Davon gibt es weltweit rund 60. Es ist also in der Tat eine Lüge, noch im Januar oder Februar 2017 von einem „Muslim-Ban“ zu sprechen, den seine Executive Oreder angeblich darstelle.
Harbers schreibt weiter:
Die Einreisesperre richte sich laut Kommentar gegen die „instabilsten und terrorverdächtigsten ,Staaten‘ der Welt“. Diese Aussage ist halb wahr. Die Mehrheit der Staaten auf der Liste wird in internationalen Indices, zum Beispiel vom Fund for Peace, tatsächlich als fragil eingestuft. Es handelt sich aber nicht ausschließlich um die Schlusslichter des Index, und andere fragile Staaten, wie Pakistan oder die Zentralafrikanische Republik, stehen nicht auf der Liste.
Plätze auf Ranglisten der Instabilität spielen hier natürlich allein keine Rolle. Die Zentralafrikanische Republik exportiert eben keinen internationalen Terror. Pakistan stellt im Vergleich zu Syrien keine unmittelbare terroristische Bedrohung der USA dar. Es geht hier um zwei Begriffe in Kombination, und so heißt es in meinem Kommentar eben auch mit voller Absicht „instabilste und terrorträchtigste ,Staaten“. Diese Kombination stellt die internationale Bedrohung dar.
Zur Erinnerung – es geht in Trumps Dekret um folgende Länder:
- Iran: Staatsterrorismus. Unterstützt den internationalen Terror weltweit. Finanziert die Hizb Allah und weitere bewaffnete Gruppen der schiitischen Internationale. Vernichtung Israels Staatsziel. Testete in den vergangenen Tagen atomwaffentaugliche Raketen.
- Irak: Teile des Landes unter Kontrolle des Islamischen Staates (IS) und anderer terroristischer Gruppen. Weitgehender Zusammenbruch der inneren Ordnung. Rückzugsraum für radikale Islamisten in den großen Städten. IS operiert mit weltweiter Strategie.
- Syrien: Bürgerkrieg. Tummelplatz dutzender terroristischer Gruppen. Große Teile des Landes unter effektiver Kontrolle terroristischer Gruppen wie des IS und Al-Qaidas. Beide Gruppen operieren international.
- Sudan: Rückzugsraum für internationale Terrorgruppen. Staatliche Unterstützung und Duldung dieser Gruppen.
- Libyen: Zusammenbruch staatlicher Strukturen. Große Teile des Landes unter Kontrolle verschiedener islamistischer bewaffneter Gruppen. IS-Einfluss noch immer stark. Al-Qaida-Gruppen wieder im Aufwind.
- Jemen: Bürgerkrieg zwischen radikalen Schiiten und Sunniten. Völliger Zusammenbruch staatlicher Strukturen. In den Bergregionen traditioneller Rückzugsraum für Al-Qaida- und andere djihadistische Gruppen.
- Somalia: Völlige Abwesenheit von Staatlichkeit. Bürgerkrieg. Starker Einfluss djihadistischer Guppen
In der Tat fehlen hier jedoch Länder – zum Beispiel Saudi-Arabien – die für den Westen eine Bedrohung darstellen. Das kann man kritisieren, und das tut Harbers zu Recht:
Die Aussage, es gehe „um Terror, nicht um Religion“, ist ebenfalls nur schwer mit den Fakten zu vereinbaren, da kein Staatsbürger der in dem Dekret genannten Länder in den letzten zwei Jahrzehnten an einem Terroranschlag in den USA beteiligt war, und Länder wie Saudi Arabien, aus denen die Mehrheit der Attentäter vom 11. September stammt, nicht auf der Liste stehen.
Der erste Teil der Anmerkung ist hingegen fragwürdig. Es mag ja sein, dass kein Staatsbürger dieser Länder in den USA einen Anschlag begangen hat – in Europa sind jedoch Staatsbürger einiger dieser Länder sehr wohl als Terroristen in Erscheinung getreten. Zudem ist etwa der weltweite iranische Staatsterror noch gut in Erinnerung. Von dem hat sich das Regime nie ernsthaft distanziert und er kann auch in Europa und den USA jederzeit wieder einsetzen. Darüber hinaus darf man hier durchaus eine sich aufdrängende Frage stellen: „Warum ein Risiko eingehen?“
Das mag nun so klingen, als unterstütze ich Trumps Einreisesperren. Das ist keineswegs so. Im Gegenteil. Ich bin der Ansicht, dass sie kein wirksames Mittel gegen den Terror sind, auch wenn es Argumente gibt, die scheinbar für sie sprechen. Wer den Terror von außen bekämpfen will, muss es wie die Israelis machen: individuelle Kriterien für die Einreise entwickeln, die nach bestimmten Hinweisen suchen, um dann umfangreiche aber auf den Einzelfall zugeschnittene Tiefenkontrollen vorzunehmen.
Etwas abzulehnen berechtigt jedoch noch lange nicht dazu, im Dienste der „guten Sache“ mit Unwahrheiten und Verdrehungen zu arbeiten. Wer damit einmal beginnt, kommt nie wieder davon los. Um nicht mehr und nicht weniger ging es in meinem Kommentar.
Eine Lüge ist ein bewusstes behaupten der Unwahrheit. Das dies vorliegt, wenn „die Medien“ von einem „Muslim Ban“ sprechen bezweifle ich.
Vielmehr weiss die Trump Administration dass sie ein solches Einreiseverbot für Muslime nicht durchsetzen kann und wahrt darum den Schein es handle sich um ein generelles Einreiseverbot für.Bürger dieser Länder, was sie jedoch mit ihren Äusserungen zu Christen aus diesen Staaten dann umgehend konterkariert.
Es ist zu einfach sich auf Äusserungen der Trump Administration zu berufen umnzu belegen es handelt sich nicht um dieses und nicht um jenes. Dafür waren diese Äusserungen bis zum heutigen Tage viel zu widersprüchlich. Hier frage ich mich wieso einige derart weite argumentative Wege gehen um das aussen vor zu lassen?
Problematisch ist auch die Behauptung von diesen Ländern gehe eine „konkrete“ Gefahr aus. Welche wäre denn das? Sie schildern hier nur abstrakte.
Konkret könnte man hingegen sehr wohl bei Pakistan und Saudi Arabien werden.
Tut mir Leid aber diese.durchsichtige Taktik einen Ban bzw. Muslim Ban nicht so zu nennen und damit aus dem Schneider zu sein, zu verteidigen lohnt sich m.E. nicht.
1. Natürlich ist es eine bewusste Entstellung und damit eine Lüge.
2. Es existiert kein „Muslim-Ban“. Das ist absolut offensichtlich. Sechs Länder sind im Erlass erwähnt, es gibt aber fast 60 islamisch geprägte Länder.
3. Das sind keineswegs abstrakte Gefahren. Die Anschläge syrischer „Asylbewerber“ im Westen sprechen wohl für sich.
Nur um zu zeigen, wie unterirdisch es in diesem Land zugeht, schalte ich diesen Kommentar frei.
A. Will
Sie sind ein Schauißnazi, da könmen sie noch so viel zusammenschmieren. Sie sind ein Lügner. Leute wie sie sollten Schreibverbot kriegen. Aber warten sie mal ab den Job bei d Zeitung haben sie auch nicht mehr lange.
Aber es geht doch überhaupt nicht darum, dass diese Maßnahme gar kein „Muslim Ban“ sein kann, da er völlig offensichtlich nicht alle muslimischen Länder bzw. alle Muslime einschließt.
Ich bitte Sie.
Das behauptet doch auch keiner. Das wäre in der Tat auch völlig bescheuert.
Worum es geht ist, dass Trump diese EO aber für den Kern seiner Anhängerschaft erlassen hat um es für diese wie einen Muslim Ban aussehen zu lassen. Und dieses Ziel hat er ja auch erreicht. Auch wenn er das öffentlich um der eigenen Rechtssicherheit wegen nicht wagen würde zu sagen, wobei er, zumindest nicht zufällig, das Wort „Ban“ zur Unterstreichung benutzt hat. Deshalb benutzen die Medien zum Großteil auch dieses Wort. Mit einer „Lüge“ hat das nichts zu tun.
Was die Gefährdung angeht: Trotz ihrer europäischen beispiele für Terrorismus aus dem syrischen Umfeld, gab und gibt es keine solchen Beispiele in den USA. Falls doch hat die Trump Administration ja jetzt die Möglichkeit dies vor Gericht darzulegen. Bislang mit mäßigem Erfolg wie ich lese.
Und das ist wichtig, denn das wesentliche ist doch, dass es bei der Order eben nicht um Europa sondern um die Vereinigten Staaten geht. Und da ist eine konkrete Bedrohung nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht erkennbar.
Ich verstehe nicht wieso viele kluge und liberale Köpfe versuchen diese Order zu rechtfertigen?
Offensichtlich ist diese ein wenig durchdachtes und schlecht zusammengeschustertes Werk, dass sich bloss an die, von mir genannten Gruppen richtet. Ich stimme ihrer Analyse der genannten Länder ja zu, aber deswegen müssen bereits derzeit Menschen aus diesen Staaten teilweise Jahrelang auf ihre Visa warten und sich einem intensiven Screening process unterziehen.
Sicher wird eben das behauptet. Siehe soziale Medien, siehe die Plakate der Demonstrationen in Washington. Siehe auch Berichte in deutschen Medien (z.B. die Zeile der WaMs am 29.1.: „Trump verweigert Muslimen Einreise nach Amerika“)
Was ich von der Order an sich halte, habe ich oben bereits gesagt.
Übrigens ging es im Ursprungskommentar http://www.nwzonline.de/kommentare-der-redaktion/schiefes-bild_a_31,2,1268886922.html nicht um eine Bewertung der Maßnahme an sich, sondern um die Rezeption dieser in Deutschland. Daraus hat sich dann die Diskussion hier, in der NWZ und anderswo ergeben.
Sie bewerten aber ja nunmal die Maßnahme an sich. Allein schon dadurch, dass Sie die Auswahl an Staaten innerhalb dieser Order mehrfach verteidigt haben. Dabei ist das völlig unsinnig. Diese Staaten sind schon lange als kritisch eingestuft und deswegen ist es auch schwierig und ein teils langwieriges Verfahren, wenn man aus diesen Staaten in die USA einreisen möchte.
Jetzt gäbe es nur zwei Gründe für eine solche, im Stile einer „Notfallmaßnahme“, durchgeführte Maßnahme, wie den Einreisestopp: Entweder haben sich diese Überprüfungsmechanismen als fehlerhaft bzw. anfällig herausgestellt oder es gibt einen anderen, konkreten Verdacht auf eine Gefährdung der USA durch diese Länder.
Für beides hat die Administration keinen Beleg geliefert.
Obwohl Trump zumindest das erste, sich gebetsmühlenartig wiederholend, behauptet.
Und auch auf die Gefahr den Anschein zu erwecken, sich hier zu sehr an einem Begriff aufzuhängen; Ihre Argumentation der „Lüge“ verfängt bei mir einfach nicht.
Erst bezogen sie sich dabei nur auf Medien. Nun sind es schon „soziale Medien“ und „Demonstranten“.
Ich kann nicht die Argumente jedes einzelnen, der da postet und Schilder hochhält nachvollziehen, aber ich denke doch, dass es möglich ist dass eben viele diesen Einreisestopp als Vorstufe oder Versuch eines allgemeineren Einreiseverbots für Muslime sehen. Und dazu haben sie auch Anlass. Ich erwähnte oben schon, wie sehr dieser Schritt auf den Kern der Trump Unterstützer zielt und wie sehr die Administration durch ihre Kommentare zu Christen in diesen Ländern dazu beitrug.
Mir ist der Gebrauch des Wortes „Lüge“ für derartige, ganz normale Übertreibungen im Kontext politischer Auseinandersetzungen bzw. medialer Berichterstattung, einfach zu unangemessen.
Sie als Journalist wissen doch wie sehr es bei Schlagzeilen auf die „Griffigkeit“ ankommt.
Nichts anderes haben die allermeisten Medien getan. „Griffige“ Schlagzeilen formuliert.
Ich habe jetzt den WAMS Artikel nicht vorliegen, habe mir aber spaßeshalber ein paar Meldungen zu diesem „Einreiseverbot für Muslime“ des entsprechenden Tages durchgelesen. Fast überall ist bereits im ersten Absatz klar worum es sich dabei handelt. Nämlich ein temporärer Stopp von ein Reisewilligen bzw. Flüchtlingen aus sieben Ländern.
Das kann man praktisch überall lesen.
Hier wird also schlechtestenfalls Schabernack mit den headlines getrieben. Aber „gelogen“?
Sie sind doch, so las ich, auch der Ansicht etwas mehr Sachlichkeit täte der Debatte gut.
Von meiner Seite ist alles gesagt. Ich verweise noch einmal auf den letzten Absatz des Textes oben. Ungeachtet dessen mag dieser Link für die Verbreiterung der Perspektive interessant sein: http://www.faz.net/aktuell/politik/trumps-praesidentschaft/politologin-trumps-einreiseverbot-teilweise-gerechtfertigt-14867172.html?GEPC=s3