Worte wie Projektile (8) – Islamophobie
by Alexander Will
So viel Konflikt war selten: In Deutschland bilden sich politische Fronten, wie noch nie nach 1945. Carl Schmitt würde sich bestätigt fühlen – die Freund-Feind-Kategorien ist jetzt Maßstab alles Redens und Handelns. Es geht nicht darum, den anderen zu überzeugen. Es geht darum, ihn zum Schweigen zu bringen. Hier werden Begriffe zu Waffen. Scharf aufgeladen sind sie die tödlichen Projektile an der Front des geistigen Bürgerkriegs. Heute: Islamophobie
„Islamophobie“ (wörtlich „Furcht vor dem Islam) gehört zur klassischen Totschlag-Terminologie. Der Begriff wird in der Regel als Vorwurf gebraucht und soll eine kritische Betrachtung des Islam und seiner Erscheinungsformen unterbinden. Der Kritiker wird pathologisiert, ihm wird durch den Wortbestandteil „Phobie“ eine krankhafte Störung unterstellt. „Phobie“ bezeichnet ja im medizinischen Gebrauch eine Angststörung, die sich durch übertriebene Reaktionen auf nicht vorhandene Bedrohungen auszeichnet. Diagnose: Es handelt sich um einen politischen Kampfbegriff.
Das zeigt auch seine Herkunft. Zum ersten Mal kann man „Islamophobie“ als Kampfbegriff nach der schiitischen Revolution im Iran nachweisen. 1980 zwangen die Mullahs den säkularen Frauen im Land die islamische Verhüllung auf. Was im Westen kaum jemand bemerkte: Es gab damals Massenproteste gegen diese Maßnahme. Die Mullahs warfen in ihrer Gegenpropaganda den protestierenden Frauen vor, sie seien „islamophob“, lehnten die wohltätigen Maßnahme des Islam aus purer Geistesschwäche ab.
Forscher haben „Islamophobie“ allerdings schon früher nachweisen können, zum ersten Mal in einem französischen Buch aus dem Jahr 1921, das gegen eine zuvor erschienene kritische Mohammed-Biographie anschrieb.
Um dem Anwurf zusätzliches Gewicht zu geben, wird „Islamophobie“ heute gern in einen Topf mit „Rassismus“ oder Antisemitismus geworfen. Das ist ein durchschaubarer, aber durchaus wirksamer Propagandatrick. Antisemitismus ist eine ausgeformte Ideologie, die Millionen Opfer gefordert hat. Die Kritik am Islam ordnet sich hingegen entweder in allgemeine Religionskritik oder in den Disput der Religionen untereinander ein. Im Übrigen gibt es gute Gründe, den politischen Islam als bedrohlich aufzufassen. Das Judentum hat hingegen in seiner Geschichte zu keiner Zeit irgendwen bedroht.
Kritik und Ablehnung des politischen Islam sind also legitim. Man darf sich gegen einen unbegrenzten Machtanspruch, die Gewalt und die Intoleranz einer Religion zur Wehr setzen. Da gibt es nichts, das unter Naturschutz zu stellen wäre. Mehr noch: Jede Kritik an jeglicher Religionen und an jeglichem Aspekt einer Religion ist legitim. Das gilt auch für die theologischen, werden sie von den Anhängern auch für noch so „heilig“ gehalten. Wäre das nicht so, dürften Atheisten oder Agnostiker sich nicht kritisch mit Religion auseinandersetzen.
Daher verwundert es, dass ausgerechnet Linke und Linksliberale diesen Kampfbegriff so gern im Munde führen. Es sind ja schließlich vorzugsweise diese Leute, die sich angeblich die menschliche Emanzipation und Aufklärung auf die Fahnen geschrieben haben. Keineswegs überraschend ist es hingegen, dass der Vorwurf der „Islamophobie“ zum Standartrepertoire aller möglicher Islamisten gehört. Man könnte fast sagen, wenn ein Moslem zum Islamophobie-Keule greift, ist seine Neigung zum politischen Islam nicht zu leugnen.
Der Kampfbegriff „Islamophobie“ soll also berechtigte Religionskritik delegitimieren. Er zielt nicht zuletzt auf die persönliche Integrität des Kritikers, den er zum Rassisten und Halbirren macht. Dabei ist gerade die Gleichsetzung von Islamkritik mit Rassismus grober Unfug. Der Islam ist weder eine Nation noch eine „Rasse“, noch ist er an eine bestimmte Hautfarbe gebunden. Er ist eine Religion, von der man sich jederzeit trennen kann. Millionen Ex-Muslime weltweit bezeugen das täglich. An dieser schlichten Realität ändert auch das pseudowissenschaftliche Gerede vom ,,Rassismus ohne Rassen“ nichts.
Merke: „Islamophobie“, in jüngster Zeit auch „Islamfeindlichkeit“, sind Vorwürfe, die das Ziel des Angriffs in mehrfacher Hinsicht pathologisieren. Es geht darum, die Kritik am Islam durch Diffamierung des Kritikers zu unterbinden. Man lasse sich jedoch nicht einschüchtern und benenne den Begriff als das, was er ist – ein politischer Kampfbegriff aus der Giftküche des politischen Islam selbst.
Das erste Mal, dass mir der Begriff »Islamophobie« unterkam, war im Zusammenhang mit Salman Rushdie und dessen Ritterschlag durch die Queen. Dass ausgerechnet die Königin von England mit diesem Begriff belegt wurde, macht mir eine diebische Freude, wenn ich mir selbst den entsprechenden Vorwurf einfange: Ich fühle mich geadelt. Ergo: Niemand könnte mir einen größeren Gefallen tun, als mich mit dem Etikett »islamophob« zu belegen.