Von einem König und dem Lob des Historikers

by Alexander Will

Sehet ein König! Und ein interessanter noch dazu. Richard III. (1452–1485) war der letzte englische König, der auf dem Schlachtfeld getötet wurde, außerdem der letzte Regent aus dem Hause Plantagenet, aus dem auch sein berühmter Vorgänger Richard I. („Löwenherz“) stammt. Die Knochen des dritten Richards fand man jüngst in Leicester unter einem Parkplatz. Nach seinem Tod war die Leiche einfach verscharrt worden. Jetzt wird der alte König neu und würdevoll bestattet.

Richards Name ist vor allem durch das gleichnamige Drama William Shakespeares bekannt geworden. Er wird dort als verbrecherischer, mörderischer Krüppel geschildert, was das Bild dieses Königs bis heute prägt. Historiker gehen allerdings davon aus, dass der wirkliche Richard III. völlig anders gewesen  ist. Die meisten ihm vorgeworfenen Verbrechen hat er nicht begangen. In England reformierte er die Regierung des Reiches und die Justiz, außerdem förderte er das Buchdruckwesen. Ein buckliger Krüppel war er auch nicht. In Wirklichkeit soll er sogar größer als viele seiner Zeitgenossen gewesen sein – und recht gutaussehend sowie charmant. Richards schlechter Ruf wurde gezielt von seinen Nachfolgern – den Tudors – in die Welt gesetzt, die nur durch Verrat an die Macht gekommen waren.

Faszinierend: In der Schlacht von Bosworth wurde Richard III. also durch den Verrat seiner Bundesgenossen besiegt und getötet. Die neue Tudor-Dynastie, die Sieger also, tat dann alles, damit der Ruf des Verlierers für immer und ewig verdorben wurde. William Shakespeare, der Dichtergott, machte sich zum Gehilfen. Es ist dies ein Beispiel, wie Propaganda über Jahrhunderte hinweg funktionierte – aber auch, warum das Amt des Historikers so wichtig ist. Weil letztlich nur das Studium in den Archiven den Schutt der Propaganda beiseite räumen kann. Und das gilt für mehr als einen alten König.