Fütterung des Monsters

by Alexander Will

Ach wie schön ist die neue Welt, in der Iran wieder „in die Völkergemeinschaft zurückkehrt“ (Steinmeier). Von Airbus bis Siemens reiben sich deutsche Firmen die Hände und hoffen auf gute Geschäfte. Bereits vor der Aufhebung der Sanktionen sind ja schon deutsche Politiker zu Betteltouren nach Teheran unterwegs gewesen -um ihre Kotaus darzubringen und der Konkurrenz zuvorzukommen. Die Bild-Zeitung hofft auf weiter sinkende Spritpreise. Ja – das ist die schöne neue Welt mit dem Iran als reuigem Sünder.

Nur stimmt das Bild nicht. Das sind Reaktionen, die einem Krämergeist entspringen, der nur den eigenen Vorteil kennt. Dieser Krämergeist ignoriert Abscheulichkeiten, verkennt die Natur zukünftiger „Partner“ und verprellt Verbündete. Die aus dieser Haltung erwachsenden Handlungen schaden dem Krämer am Ende deswegen selbst.

Mit wem hat man es im Iran also zu tun? Das Regime ist eine Diktatur schiitischer Mullahs, in der das islamische Recht den Handlungsrahmen darstellt. Das führt zu einer Menschenrechtslage, die nur katastrophal zu nennen ist. 2015 wurden dort fast 300 Menschen öffentlich hingerichtet. Nur in China waren es mehr.

Zudem ist der Iran kein zuverlässiger Partner, und das folgt aus seiner politischen Struktur. In Teheran bestimmen weder Parlament noch Präsident die Linien der Politik, noch sind Äußerungen von Ministern für bare Münze zu nehmen. Ali Chamenei der „Oberste Religionsführer“ ist die eigentliche Autorität. Er stützt sich auf das Militär, ein Küchenkabinett das sich „Schlichterrat“ nennt sowie auf die Führung des Justizsystems. Die Regierung, wie man sie aus Europa kennt, bildet eine parallele Struktur, die diesem System untersteht. Das alles nennt sich „Herrschaft der Rechtsgelehrten“ und ist ein System, das einst Ayatollah Chomeni eingeführt hat. Wer also mit der Regierung und dem Präsident Verträge schließt, weiß nie, wie lange diese eingehalten werden. Ändert sich in der fragilen Struktur des iranischen Systems etwas, gewinnen radikale Kräfte an Einfluss, sind solche Verträge bald wertlos.

Zudem ist das Atomabkommen an sich ungenügend und gefährlich. Die wesentlichen Teile laufen nur über zehn Jahre. Der Iran behält seine industrielle nukleare Infrastruktur und ist danach in der Lage, jederzeit nach Belieben Atomwaffen zu produzieren. Die Zeit, bis genügend Material für eine Bombe angereichert ist, verlängert sich zwar auf ein Jahr – möglich ist es aber noch immer. Inspektionen kann Teheran nun lange genug hinauszögern, um jegliches illegales Treiben zu verschleiern.

Irans Raketenprogramm wird nicht tangiert – und wozu braucht man eigentlich Interkontinentalraketen, wenn man angeblich nicht nach Atomwaffen strebt? Vor drei Wochen erst war eine nordkoreanische Delegation in Teheran zu Gast. Mit Nordkorea pflegt der Iran enge Beziehungen und eine intensive Kooperation bei der Entwicklung weitreichender Raketen. Das alles bedeutet: Der Schlange wurde keineswegs der Giftzahn gezogen. Der Weg zur Bombe wird nur ein wenig weiter und steiniger. Das kann auch das Friedens-Gesäusel des iranischen Präsidenten nicht verschleiern.

Für die Region bedeutet es zudem nichts Gutes, dass die Sanktionen nun aufgehoben worden sind. Das ermöglicht Teheran, seine terroristischen Proxi-Armeen wie die Hisb Allah im Libanon noch besser auszurüsten. Wie kann man auch nur eine Sekunde vergessen, dass der Iran ein Hauptsponsor des weltweiten Terrorismus ist?

In Jerusalem hingegen weiß man das genau, weil Israel das Land ist, das im Visier der Mullahs liegt. Europäer und Amerikaner sind von allen guten Geistern verlassen, einen zweifelhaften Vertrag mit einer Macht abzuschließen, deren Staatsräson in der Vernichtung Israels – des besten und zuverlässigsten Verbündeten des Westens im Vorderen Orient – besteht.

Nein – der Jubel ist unangebracht. Der Westen füttert jetzt ein Monster, das er früher oder später an der Kehle haben wird. Ach hätte man doch auf Jerusalem gehört, wird es dann heißen.