Paskalwen

Gelegentliche Texte

Ein Fähnlein im Wind namens SPD

Eine neue Groko steht ins Haus. Da lohnt es sich einen Blick auf den wundersamen Meinungsumschwung in der SPD zu werfen, der dieser vorausging.

Im September 2017 war sich der SPD-Chef Martin Schulz noch ganz sicher: Er wird Kanzler:

Allerdings glaubte zu diesem Zeitpunkt nur noch er selbst an den „Schulz-Zug“. Tage vor der Wahl wirkte der Mann dann auch eher wie ein tragisch Wahrnehmmungsgetörter – und eben nicht wie ein Politiker, der vor einem Sieg steht. So kam es dann ja auch, und Schulz hatte tatsächlich seine einzige gute Idee der vergangenen zwei Jahre: Die SPD sollte sich nicht erneut in die tötliche Umarmung der Union begeben. Und das klang so:

Nur hielt diese Übezeugung nicht lange. Schon im Dezember zog Schulz im Namen der SPD den Schwanz ein.

Noch viel herzhafter war Bundes-Vize Ralf Stegner bei der Sache. Er bemühte bei seiner Absage an eine neue Groko sogar das berühmte „Basta!“:

Stegners Rückzug vom Rückzug aus der Großen Koalition offenbarte dann nach diesen großen Worten jede Menge Schiss in der Bux. Während sein Parteichef ja angeblich keine Angst vor Neuwahlen hatte, sind sie für Stegner ein Albtraum:

Damit wieder zurück zum Parteichef. Bei dem steht wohl noch eine weitere Volte unmittelbar bevor. Am 25. September 2017 sagte er der Bild dies:

Das dürfte ebenfalls Makulatur sein, es sei denn seine Partei schiebt den Schulz-Ambitionen auf das Außenamt doch noch einen Riegel vor. Damit wäre er allerdings für alle Zeiten erledigt. Nun kann man natürlich versuchen, dieses Verhalten der SPD mit „staatspolitischer Verantwortung“ zu rechtfertigen. Das ist aber eine Lüge. Letztlich geht es darum, Pfründen zu sichern und an den Fleischtöpfen der Macht zu bleiben. Der Wahlbürger aber lernt schon jetzt einmal mehr: Auf die Worte von Parteifunktionären kann man nichts geben.

Grüne totalitäre Borniertheit

Das Selbstbild von Grünen und ihren Anhängern ist in der Regel dies: Wir sind immer die moralisch Überlegenen und auf der richtigen Seite. Wir sind die Weltenretter und diejenigen, die allein das Gute im Sinn haben. Unser Weg ist immer der richtige. Wir sind die bunten Hohepriester der Toleranz.

Letzteres  gilt natürlich nur so lange, wie die ersten Punkte nicht in Frage gestellt werden. Geschieht dies, oder wagt sich jemand tatsächlich, eine Diskussion über links-grünen Axiome vom Zaune zu brechen, dann ist es mit der Toleranz sehr schnell vorbei. Ein schlagendes Beispiel erlebte ich dieser Tage, nachdem mein Kommentar zum Parteitag der Grünen erschienen war. Eine Leserin schrieb mir einen Brief, mit folgender Passage:

Warum gehen Sie nicht dorthin wo Sie geboren sind. Da können Sie jeden Montag mit marschieren und skandieren:  wir sind die Gesellschaft! Da gehören Sie doch hin und nicht nach Oldenburg! Oldenburg braucht keinen Alexander Will. … Spaß, Mut und Lust an Politik, vermutlich auch Phantasie und Visionen wie es die Grünen jetzt mitreißend demonstrieren, waren diesem Volk ja verboten und sind es offenbar leider immer noch für Ihresgleichen. Für meinen Vorschlag spricht auch, dass zu jedem Ihrer Artikel mittlerweile eine Gegendarstellung/Alternative abgedruckt werden muss. Ist das für einen Journalisten nicht peinlich. Wie wär’s? Zurück, wo Sie herkommen und Ihre Welt ist wieder vom Kopf auf die Füße gestellt. Oldenburg braucht keinen Alexander Will. Auf gehts.

Mit anderen Worten: Scher‘ Dich nach drüben, wo Du hingehörst, Zoni!

Der Dame habe ich natürlich trotzdem ein nettes Briefchen geschrieben und sie zu einer Führung durch die Redaktion und einem persönlichen Gedankenaustausch eingeladen. Die Antwort spiegelte dann die demokratischen Tugenden des grünen Milieus auf hervorragende Weise:

Mit Wortverdrehern diskutier ich nicht. … Basta! das macht schlicht keinen Spass.

Was Grünen-Anhängern zunächst nicht in die Köpfe will ist dies: Es gibt so etwas wie einen Streit der Meinungen. Ein Medium tut gut daran, mehr als eine abzubilden. Demokraten machen das so: Sie geben Ansichten Raum und ermöglichen einen Wettbewerb der Meinungen. Aber grüne Köpfe nehmen das als „Gegendarstellung“ wahr. Im Grunde zeigt sich hier totalitäres Denken. Wer nicht unsere Ansichten vertritt, der soll sich verziehen. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Die Kommunisten haben dieses Denken zum Extrem getrieben: Sie stellten massenweise Menschen mit abweichenden Meinungen an die Wand.

Die kommunistische Erfahrung fehlt Grünen und ihren Anhängern. Deswegen hassen sie Ostdeutsche und sehen sie als eine Art minderwertige Spezies. Weil Menschen im Osten andere Erfahrungen gemacht haben. Weil sie nicht der westdeutschen Mittelschicht angehören. Weil sie vielfach deren Überzeugungen nicht teilen und realistischer sind. Weil viele das so oft gefühlige, esoterische Geschwafel im linksliberal-grünen Raum nicht ertragen. Dieses Milieu wähnt sich auf höherem Grund. Man fühlt sich dort als besserer Mensch und blickt herab von einer vermeintlich überlegenen moralischen und kulturellen Warte. Ressentiments gegen Ostdeutsche darf man aber pflegen. Das ist in diesen Kreisen Konsens und akzeptiert, und das ist natürlich eine zutiefst kolonialistische Haltung. Dabei ist es doch so: Da urteilen Menschen über Leben, von denen sie keine Ahnung haben. Schlimmer noch: Von denen sie nichts wissen wollen, über die sie nicht lernen möchten.

Das politische „Grün“ darf man also ohne Bedenken als Synonym für einen bornierten Hang zu moralinsaurem Totalitarismus verstehen.

Nachtrag:

Auf Twitter erreichte mich folgende Nachricht:

Witzig, ich habe genau das gemacht. Nach gut zwanzig Jahren Oldenburger Borniertheit bin ich wieder zurück in den Osten, hier lebt es sich freier, die Menschen sprechen aus was sie bedrückt und es gibt endlich kontroverse Diskussionen über Politik. Ich bereue es nicht.

Interessant.